Hallo Lucas,
ich wiederhole jetzt mal nicht die Kritik der Vorredner zur Fragestellung, obwohl ich es teilweise ähnlich sehe.
Unser aktueller Wagen ist ja erst 2 Jahre alt (seit Fertigstellung) und ich bin zum Glück noch über nichts daran sehr unglücklich. Wir haben aber im Vergleich zum Vorgänger einiges geändert (und einiges bewusst beibehalten) und das schon in 2 größeren Touren getestet. Darüber kann ich reden, vielleicht hilft es.
Meine Randbedingungen:
- 2 Personen
- Reiseziele liegen in der ersten Welt und sind über Straßen (Teer oder Schotter) erreichbar
- Campingplätze / Stellplätze sind kein Muss, für uns aber auch kein Tabu
- Autarkes Stehen über 2 Nächte hinaus ist darum keine Anforderung
Daraus kommen für uns folgende Prioritäten und Konzepte, die wir schätzen:
- modernes Fahrgestell (bequemer auf längeren Strecken, aktuelle Technik, die zwar nicht wartungsfreundlicher ist, aber mit der sich in der 1. Welt die Werkstätten auskennen ...sollten)
- gut motorisiertes Fahrgestell (die ersten 500-800 km unserer Touren sind deutsche Autobahnen, auf denen ich komfortabel mit 100-110 km/h rollen möchte)
- Koffer von einem erfahrenen Hersteller zugekauft - ich habe weder den Platz noch das große Gerät für einen Kofferbau und hätte mich vermutlich über die Qualität meines Erstlingswerkes mit schlechtem Werkzeug ewig geärgert
- ausreichend Raum im Fahrzeug, damit wir nicht ständig umbauen müssen (Bett zu Bank, etc.), das sorgt auch für ausreichend Raum an einem Regentag
- das Konzept mit Bad im Eingang hat sich für uns absolut bewährt (platzsparend, Schlechtwettereingang), würden wir immer wieder so bauen
- bequeme Schlafgelegenheit (hochwertige Unterfederung, (dicke) Kaltschaummatratze) mit ebenfalls bequemem Einstieg
- Dusche (Duschraum) incl. Warmwasser ist an Bord und wird auch regelmäßig benutzt (ich sehe viele Fahrzeuge auf Campingplätzen, wo weder Dusche noch Toilette genutzt werden, gleichwohl werden sie durch die Gegend gefahren)

- Energiequelle für Heizen und Warmwasser ist Diesel, der ohnehin an Bord ist, Energiequelle fürs Kochen ist Brennspiritus (keine Gasprüfung, keine Kompatibilitätsprobleme)
- Unsere Elektrik ist durchaus etwas aufwändiger (mit Ladebooster, LED-Licht mit Dimmern, etc.), aber wir kommen mit 12V klar, haben keinen Wechselrichter, denn wir haben keine 230V-Verbraucher an Bord
- Solaranlage haben wir nicht, weil ich den Sinn und Mehrwert in Nordeuropa (unser Hauptreiseziel) nicht sehe
- Satellitenanlage brauchen wir nicht, wohl aber einen Monitor zum bequemen anschauen von Fotos oder Konservevideos
- Etliche Plastikteile aus dem Campingbereich (Push-Locks, zu billige Wasserhähne, etc.) verbauen wir nicht, stattdessen Teile aus dem Haushalts- oder Bootsbereich
- Bequeme und geräumige Sitzbank bzw. Sitzbänke, 5cm-Standardschaumstoff auf einem Brett finde ich nicht bequem
- Abmessungen sind aktuell 7,20 x 2,32 x 3m - auch mit unendlichem Budget würde ich (zu zweit) kein größeres Auto haben wollen - uns fehlt es nicht an Platz und insbes. ein höheres oder breiteres Auto wäre mir auf kleinen Straßen zu sperrig. Etwas schmaler wäre beim Fahren manchmal schöner, andererseits ist das Raumgefühl im Innenraum aktuell schon sehr angenehm
- Einen Ausbau für 3,5t zGG habe ich bei den Abmessungen und mit der Ausstattung knapp nicht geschafft (zGG ist aktuell 3,88t). Ich kann aber mit den Nachteilen einer Zulassung über 3,5t durchaus leben und finde es zu mühselig, beim Ausbau auf jedes Gramm zu achten. Wir haben aktuell keine schweren Freizeitgeräte an Bord (Moped, etc.), sonst bräuchten wir ein schwereres Fahrgestell
So viel mal zum Outing, und damit ist auch schon sichtbar, dass viele Teilnehmer hier im Forum gänzlich andere Reiseziele, andere Vorlieben und Anforderungen haben, da muss dann auch ein ganz anderes Fahrzeug bei rumkommen! Auch das Alter (der Nutzer) spielt sicherlich eine Rolle und nicht zuletzt war da noch das mit dem Geldbeutel, wo auch jeder hier unterschiedliche Möglichkeiten und Motivationen hat.
Eins noch zum Bauprojekt: Ich habe ziemlich lange "trocken" (und damit gratis) geplant und immer wieder geändert. Als wir uns schließlich entschieden haben einen Neubau zu starten, konnte ich tatsächlich 90% meiner Planung geradeaus umsetzen. Das hat geholfen, die Bauzeit kurz zu halten und bald wieder ein Auto zum reisen zu haben. Gefühlt habe ich schon einige abgebrochene Projekte gesehen, denn die Bedingungen und die Lebenssituation ändern sich nun mal ab und zu und meist nicht ganz geplant oder wunschgemäß. Je länger man baut, desto größer ist m.e. die Gefahr, das irgendeine Veränderung Dich zum Abbruch des Projektes zwingt. Und eine Baustelle verkauft sich einfach nicht so gut wie ein fertiges Auto.
Und zuletzt: In der Selbstbauerszene findet man oft eine deutliche Abneigung gegenüber der "Weißware" aus dem Fachhandel, also käuflichen Wohnmobilen. Das halte ich persönlich für ein bisschen arrogant. Es lohnt sich aus meiner Sicht absolut auch mal dort reinzuschauen (beste Gelegenheit ist m.e. der Caravansalon in Düsseldorf), und Anregungen mitzunehmen. Man muss nicht alles erstmal aus Prinzip anders machen. Die Jungs von Hymer und Co. machen ihren Job schon ein paar Jahre und das auch mit einigem Erfolg. Wo man andere Anforderungen hat als die Masse, sollte man sich was anderes bauen, aber vielleicht hat man ja gar nicht in JEDER Hinsicht spezielle Anforderungen.
So, genug Weisheiten verteilt ...
mach was draus ...