Chronik eines Hochmoors

  • Vorwort

    Bisher habe ich, wie es mal jemand im Pickup-Wohnkabinen-Forum formuliert hatte, immer nur davon "rumfabuliert". Stimmt, ich habe dieses unerfreuliche Thema nun wirklich schon seit Monaten immer wieder verdrängt und vor mir her geschoben. Höchste Zeit also, endlich mal den inneren Schweinehund zu überwinden. Hier kommt er also nun, der "Bildroman"...


    Die Grotte

    oder

    Wie ich den Glauben an "Qualität aus Schweden" verlor


    Kapitel 1: Möbel wie nasse Bierdeckel

    Außer zehn Monaten mit einer amerikanischen Kabine, die schwer, aber ansonsten vollkommen problemlos und dicht gewesen war, hatte ich Anfang 2001 noch keinerlei weitere Erfahrungen mit Wohnkabinen. Das bei Nordstar immer wieder gebetsmühlenartig wiederholte Geschwafel von der angeblich ach so überragenden "Qualität aus Schweden" hatte mich derart eingelullt, dass ich in meiner Naivität tatsächlich glaubte, deren Kabinen seien, wenn man nicht gerade mit einer Axt Löcher rein hackt, ewig haltbar oder doch zumindest irgendwie viel besser als andere.

    Also kaufte ich im März 2001 in Leipzig eine damals 4-jährige Eco220. Äußerlich machte alles einen guten Eindruck, die Kabine stand optimal belüftet unter einem eigens für sie errichteten Carport, und bis auf die in voller Länge gerissene Dichtnaht unter dem Alkoven sah eigentlich alles tadellos aus. Trotzdem habe ich alter Zweckpessimist, der ich nun mal bin, in den Kaufvertrag geschrieben, dass der Verkäufer für versteckte Feuchtigkeitsschäden haftet....zum Glück!!!

    Beim sofort nach dem Kauf begonnenen Umbau des Waschraums zum Schrank entdeckte ich nach der Demontage des Waschbeckens und der Toilette winzige "Pickelchen" unter der Kunststoffbeschichtung der linken Wand, hinter der sich unten der Gaskasten und oben der Kühlschrank befindet. Als ich bei genauerer Untersuchung dann auch noch einen leicht moderigen Geruch aus dem Fach unter dem Kühlschrank wahrnahm, schwante mir Böses, und ich fing an zu "graben"...

    Als ich fertig war, fehlte aus der Seitendwand des Waschraums ein ca. 80 x 25 cm großer Streifen. Von dem Boden, auf dem normlerweise der Kühlschrank steht, war nur noch wohnraumseitig ein unversehrter Streifen von knapp 20 cm Breite über, und der Schrankboden darunter, unter dem sich der Gaskasten befindet, war komplett weg. Mit den bloßen Fingern hatte ich das alles in einen großen Haufen feuchter Zelluloseflocken verwandeln können, der nun im Gaskasten und ehemaligen Waschraum rumlag.

    Ich habe damals einen Haufen Bilder von dem Schlachtfeld gemacht, um mir damit vom Verkäufer einen Teil der Kohle zurück zu holen, aber nachdem ich die Kohle hatte, habe ich diese Bilder leider gelöscht. Daher sind heute leider nur noch (siehe weiter unten) die neu eingesetzten Schrank- und Wandstücke zu sehen.

    Eine Ursache für die eingedrungene Feuchtigkeit waren die - zumindest damals noch - gaskastenseitig angebrachten Montagebeschläge, mit denen die Seitenwand des Waschraums an der Außenwand befestigt war. Durch die teilweise außerhalb der Ladfläche liegende Entlüftungsöffnung des Gaskastens war bei jeder Regenfahrt ungehindert Spritzwasser eingedrungen, das an der Rückwand des Gaskastens auch massenhaft Dreckspritzer und Schlieren hinterlassen hatte. Von dort war es dann genau so ungehindert durch die - nicht abgedichteten! - Lochfräsungen für die Montagebeschläge in die Waschraumwand gezogen.

    Die zweite Ursache war das Ablaufblech auf der Rückseite des Kühlschranks. Das war so kurz, dass es gerade mal bis zur Fuge zwischen Außenwand und Schrankboden reichte. Der zehntel Millimeter Sikaflex, den Nordstar da mit der heißen Kartusche drüber geschmiert hatte, dürfte bereits bei der ersten überfahrenen Bodenwelle gerissen sein, so dass ablaufendes Wasser auf direktem Weg in die beiden Schrankböden unter dem Kühlschrank - und wie ich inzwischen erkennen musste, auch in die Außenwand! - regelrecht eingeleitet worden war.

    Zum Thema Nordstar-Mängel hat neulich jemand geschrieben:
    "Wie man in den Wald rein ruft, so schallt es heraus"

    Vollkommen richtig, dem kann ich mich voll und ganz anschließen!!! Hierzu möchte ich aber auch mal ganz ausdrücklich klarstellen, dass ich mit Hr. Büscher über den damaligen Schaden ausgesprochen freundlich verhandelt und sehr, sehr kleine Brötchen gebacken habe, denn ich war mir durchaus der Tatsache bewusst, dass ich nach Ablauf der Garantie bestenfalls die Chance auf eine Kulanzlösung hatte.

    B. war dann auch - wie immer - sehr nett, sehr geduldig, sehr freundlich, aber das war's dann auch schon. Mit aller Entschiedenheit stritt er ab (und das tut er immer noch!), dass da ein Konstruktionsmangel vorliegen könnte. Er könne mir aber gerne einen neuen Schrank aus Schweden bestellen. Der werde so ungefähr DM 2.000,- bis DM 2.500,- kosten, aber einbauen müsse ich ihn mir dafür natürlich selbst. Für so ein paar mit Plastikfolie beklebte Sperrholzbrettchen ist das ja wohl alles andere als ein Freundschaftspreis und lässt für mich nur eine Schlussfolgerung zu: Sobald es bei Nordstar um Kulanz und Handwerkerehre geht, ist es vollkommen gleichgültig, wie man in den Wald rein ruft.

    Zum Thema "Konstruktionsmangel" sei noch angemerkt, dass es sich dabei ganz offensichtlich nicht um ein Produkt meiner Phantasie handelt. Laut B. wird inwzischen hinter dem Kühlschrank ein längeres Ablaufblech verbaut, und die Montagebeschläge scheinen heute auch nicht mehr gaskastenseitig eingefräst zu werden. Für mich ein klares Eingeständnis!!!


    Kapitel 2: Wände wie feuchter Torf

    Dass auch schon die Außenwand in Mitleidenschaft gezogen war, habe ich damals leider nicht erkannt, denn die fühlte sich noch trocken und hart an. Von Feuchtigkeitsmessung hatte ich damals auch noch nichts gehört. Allerdings hätte mir das vermutlich eh nicht viel genützt, denn am Verfall der Außenwand wurde bereits an ganz anderer Stelle "gearbeitet". Aber der Reihe nach...

    Im Frühjahr 2004 hatte mich jemand auf die Idee gebracht, die Stützen zu kürzen, so dass man die Kabine im abgesetzten Zustand weiter runter kurbeln kann. Dazu musste u.a. ein zusätzliches Loch in die beiden hinteren Befestigungsbleche der Stützen gebohrt werden. Als ich die Bleche zu diesem Zweck abschrauben wollte, drehten alle vier Schrauben des rechten Blechs in der Kabinenwand durch, und das Geräusch, das dabei aus der Wand kam, verhieß nichts Gutes....

    Die beiden unteren (Schloss-!!!) Schrauben konnte ich einfach mit den bloßen Händen durch die Wand ziehen.

    Wo die beiden oberen Schrauben in solidem Holz hätten stecken sollen, war nur noch feuchter Torf.

    Und wieder mal war "Graben" bzw. diesmal wohl eher Torfstechen angesagt. Hier ist auch sehr schön zu erkennen, wie weit - und woher!!! - die Feuchtigkeit in die Wand gezogen war.

    Der rote Kreis markiert die Stelle, wo auf der Gaskastenseite einer der o.g. unabgedichteten Montagebeschläge gesessen hatte. Links erkennt man das 80 x 25 cm große ersetzte Stück in der Seitenwand des Waschraums.


    Kapitel 3: Ein Angebot, das man nur ablehnen kann

    Ab diesem Punkt der Ausgrabungen stand fest, dass der Schaden weit über die hintere rechte Ecke hinaus reichte und sicher nicht mal eben am Straßenrand unter freiem Himmel zu reparieren sein würde. Weiterhin stand für mich fest, dass hinsichtlich "Qualität aus Schweden" für mich das Maß des Erträglichen überschritten war und ich Nordstar kontaktieren würde, um endlich mal so was wie tätige Unterstützung von denen zu bekommen.

    B. war dann auch - wie immer - sehr nett, sehr geduldig, sehr freundlich, aber das war's dann auch schon. Kommt Euch dieser Satz bekannt vor? Stimmt, mir auch...

    Laut B. waren die Schweden angeblich eingeschnappt, weil ich sofort nach der Entdeckung meiner Gammelecke hier im Forum darüber berichtet hatte. In ihrer unendlichen Güte seien sie aber doch bereit, mir eine rechte Seitenwand und das Unterteil, wo die Sitzbank drauf ist, zum angeblich halben Preis (waren auch immer noch knapp EUR 2000,-) zu verkaufen. Ich könne mir die Wandteile dann bei ihm abholen und mir irgendwen suchen, der sie mir einbaut. Er selber werde sie auf gar keinen Fall einbauen, weil ich ja sicher gleich wieder hier im Forum darüber berichten würde, falls er dabei rumpfuschen sollte. Hat der Mann ein Problem damit, wenn man für mehrere tausend Euro korrekte Arbeit erwartet?

    Laut B. soll das Seitenwandteil angeblich in die Kabine passen, aber das schien mir doch eher unwahrscheinlich und ganz und gar unlogisch. Dieses riesige Wandteil ungeschützt bei Wind und Wetter quer durch Deutschland zu karren, stand für mich ebenfalls nicht zur Debatte.

    Alternativ schlug B. vor, er könne die Grotte bei seiner nächsten Schwedenreise mitnehmen, dort bei Karosser die betreffenden Wandteile austauschen lassen und die reparierte Kabine mit der nächsten Kabinenlieferung wieder mitbringen. Natürlich müsse er mir den Transport mit über EUR 1000,- berechnen, weil ihm dann bei der Rückfahrt ja der Platz für eine Neu-Kabine fehle. Inklusive den Reparaturkosten bei Karosser (in dem Fall inkl. Rückwand, aber alle Wandteile, wie gesagt, angeblich zum halben Preis!) belief sich der Kostenvoranschlag für diese Version auf EUR 5.900,-......FÜNF-TAUSEND-NEUN-HUNDERT!!!

    Das war der Moment, wo ich jegliche Gespräche mit B. abgebrochen habe.


    Kapitel 4: Die Rettung des Hochmoors

    Nach langem Rumtelefonieren hatte ich dann mit der Fa. Brinkmann in Braunschweig endlich eine Werkstatt gefunden, die nicht nur einen kompetenten Eindruck, sondern auch einen guten Preis machte: Für rund EUR 1.500,- wollten sie mein Hochmoor trockenlegen.

    Hier ist eindeutig erkennbar, dass die Feuchtigkeit aus dem Montagebeschlag nicht bis in die hintere Ecke gezogen ist. Der dortige Fäulnisprozess hatte seine ganz eigene "Quelle", nämlich das schlampig abgedichtete Befestigungsblech der Stütze.

    Auch die Entsorgungsklappe der Toilette, deren Ausschnitt man sich im linken oberen Bildviertel vorstellen muss, war ganz offensichtlich nicht der Ausgangspunkt der Feuchtigkeit in der Ecke.

    Das Hochmoor von der rechten Außenseite. Wenn ich bedenke, dass die Stütze schon längst auf der Autobahn abgefallen und dem Hintermann in die Scheibe geflogen sein konnte...

    Hier (Pfeile) saß das zu kurze und dann auch noch schlampig abgedichtete Ablaufblech. Darunter (Streifen) die beiden vergammelten und 2001 ersetzten Schrankböden. Im Kreis wieder der Montagebeschlag.

    Noch mal etwas größer der Gaskasten, den ich 2001 nach erfolgter Reparatur von innen komplett mit einer faserverstärkten Dichtmasse beschichtet habe.

    Die Unterkante der Seitenwand war völlig hin. Immerhin erstaunlich, dass sie sich bei Autobahntempo nicht einfach in ihre Bestandteile aufgelöst hat.

    Gehäutet...

    Ziemlich ernüchternd zu sehen, aus was für minderwertigen, unbehandelten Dachlatten und billigstem Baumarkt-Styropor diese Kisten mit dem heißen Tacker zusammen gedroschen werden. Diese Kabine hat mal sage und schreibe DM 30.000,- gekostet und stellt damit erst das untere Ende der Preisskala dar. Und noch ein weiteres tolles Indiz für "Qualität aus Schweden": Die äußere Abdeckung für den Schornstein der Heizung (das runde Loch unten rechts neben der Tür) war einfach in's nackte Blech geschraubt. Kein Holzrahmen drunter...nix! Wenn Eure Schornsteinabdeckung also mal wieder klemmt, seid schön vorsichtig, damit Ihr nicht gleich alles aus der Wand reißt...

    Hier ist zu erkennen, wie das Spritzwasser von Vorder- und Hinterrad (blauer Pfeil) durch die Entlüftungsöffnung (gelber Kreis) an die Rückwand des Gaskastens spritzen und so zum Montagebeschlag (roter Kreis) gelangen konnte. Nach der Reparatur 2001 hatte ich ein gegen die Fahrtrichtung abschirmendes Kiemenblech von unten vor die Entlüftungsöffnung gesetzt.

    Hier noch mal zur Verdeutlichung, wie weit außen die Entlüftungsöffnung tatsächlich liegt. Herr Büscher hatte das immer abgestritten und behauptet, sie liege innerhalb der Ladefläche, und die Dreckspritzer an der Rückwand des Gaskastens könnten nur von einem Hockdruckreiniger stammen. Ein Hochdruckreiniger, der graubraunes DRECKwasser verspritzt!?!?!?

    Entlang der Styroporkante zu erkennen der neue Boden, den ich 2001 über den Gaskasten gesetzt und mit einem Aluwinkel an der Außenwand befestigt hatte.

    Das Hochmoor war trockengelegt, und gaaanz laaaangsaaaaam...

    ...ist dann wieder eine Kabine daraus geworden.


    Nachwort

    Für mich handelt es sich hier um Folgen eindeutiger Konstruktions- bzw. Produktionsmängel, und ich denke, dass sich das mit obigen Bildern auch belegen lässt.

    Produktionsmängel gibt es sicherlich auch bei anderen Herstellern. Genau so wahrscheinlich ist es, dass auch andere Händler und Hersteller versuchen werden, ihre Aufwendungen für Kulanzreparaturen möglichst gering zu halten. Und vielleicht würden auch andere Hersteller solche offensichtlichen Produktionsmängel abstreiten und ihre Kunden im Regen stehen bzw. auf ihrem Schaden sitzen lassen. Aber eben nur vielleicht...

    Nordstar hat es in meinem Fall definitiv getan.

    Gruß, reinit

  • Hallo Reini.

    Klasse Bericht und vor allem: in deinem Fall zutreffend.

    Aber das neue Auto lässt doch alten Schmerz vergessen, oder ??? :wink:

    Hasenzahn

    derzeit mit Setra S 140 ES unterwegs

  • Zitat von hasenzahn

    Aber das neue Auto lässt doch alten Schmerz vergessen, oder???


    Ach, bestimmt! Wenn er doch nur schon da wäre!!! :roll: *lechz*

    Gruß, reinit

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